Über die Überwindung tiefer Gräben

Der eine bekämpfte den Islam, der andere lebt danach. Und jetzt machen sie zusammen Politik? Foto: Wolfgang Stahr – Die ZEIT

Da, wo sich neulich noch ein Abgrund auftat, gibt es heute Streuselkuchen im Pappschälchen. Haluk Yildiz, dem manche eine etwas zu große Nähe zum Islamismus nachsagen, sitzt mit seinen beiden neuen Fraktionskollegen, denen manche eine etwas zu große Nähe zum Rechtspopulismus nachsagen, in Raum 133 des Frankfurter Römers. Es ist Mittwochnachmittag, der Tag vor ihrem ersten gemeinsamen Auftritt im Stadtrat. Sie sprechen über eine Anfrage, die sie stellen wollen: Was plant die Stadtregierung, um den Ponyhof im Stadtteil Ginnheim zu retten? “Immerhin nutzen ihn 70 Kinder und Jugendliche aus der Umgebung”, sagt Mathias Mund, der Fraktionsvorsitzende der Kleinpartei BFF – Bürger für Frankfurt. Yildiz ist Gründer der noch kleineren BIG – Bündnis Innovation und Gerechtigkeit. Ein Brückenbauer, so sieht er sich, so war er in Talkshows zu sehen. Er kann sprudeln und gestikulieren, wenn es um die Frage geht, welche Rolle der Islam in Deutschland spielt. Jetzt sitzt er ganz ruhig da, faltet die Hände und nickt. Manchmal führt der Weg in die friedliche Zukunft des Abendlandes eben vorbei an Ponyhöfen.

Am 14. März wurde in Frankfurt ein neues Stadtparlament gewählt. Der große Gewinner waren die Grünen. Wirklich aufsehenerregend aber ist etwas, das im Anschluss passierte. Es geht um zwei Splitterparteien, die nur deshalb in den Römer eingezogen sind, weil in Frankfurt keine Fünfprozenthürde existiert: einerseits Yildiz’ BIG-Partei, die sich für ein Ausländerwahlrecht einsetzt und dafür, dass Menschen mit Migrationshintergrund ihre kulturelle Identität behalten. Andererseits die erzkonservativen, manche sagen eben: rechtspopulistischen, “Bürger für Frankfurt”, deren Chef Mathias Mund als Islamkritiker bekannt wurde. Ausgerechnet diese beiden arbeiten jetzt zusammen.

Neun Wochen nach der Wahl, ein Gewerbegebiet in der Wiesbadener Peripherie. In Nachbarschaft zu einem Halal-Supermarkt und einer Fleischfabrik steht ein graues Bürogebäude. Auf den Briefkästen gelistet sind Unternehmensberater oder Speditionsunternehmen – fast übersieht man den kleinen Aufkleber mit dem Schriftzug “BIG Partei”. Hier ist die Bundeszentrale der einzigen Migrantenpartei Deutschlands.

“Salam alaikum!”, ruft Haluk Yildiz, als er die Bürotür öffnet. Dann schreitet er in Richtung Konferenzraum, schenkt Wasser ein und setzt sich. An der Wand der Schriftzug “Think Big”. “Hier entsteht gerade etwas Historisches”, sagt Yildiz. Es sei eine Verbindung, die es in der Geschichte des Landes noch nie gegeben habe, mit ihm als Baumeister.
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Haluk Yildiz und Mathias Mund: Die Brückenbauer

Da, wo sich neulich noch ein Abgrund auftat, gibt es heute Streuselkuchen im Pappschälchen. Haluk Yildiz, dem manche eine etwas zu große Nähe zum Islamismus nachsagen, sitzt mit seinen beiden neuen Fraktionskollegen, denen manche eine etwas zu große Nähe zum Rechtspopulismus nachsagen, in Raum 133 des Frankfurter Römers.

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